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Niederländische Versicherungsbedingungen


Landgericht Berlin: Ist auf eine Yachtversicherung deutsches Recht anzuwenden, kommt es auf die Versicherungsbedingungen ausländischer Versicherer nur insoweit an, als nicht zwingende oder halbzwingende Regelungen des VVG entgegenstehen.

Sowohl von deutschen als auch von ausländischen Vermittlern werden Verträge ausländischer Assekuranzen angeboten. Oft sind die Prämien vergleichsweise günstig. Häufig werden dabei aber Versicherungsbedingungen vereinbart, die erheblich von den in Deutschland üblichen Bedingungen abweichen.

Das kann soweit gehen, dass Eignern der Versicherungsschutz im Schadensfall unter Berufung auf die Bedingungen vollständig versagt wird, obwohl nach üblichen deutschen Bedingungen in voller Höhe zu leisten wäre. Dass das auf keinen Fall ungeprüft hingenommen werden sollte, zeigt ein kürzlich vom Landgericht Berlin entschiedener Fall (Az. 24 O 291/18):

Der von uns vertretene Kläger hatte eine Segelyacht erworben, für die zum Zeitpunkt des Erwerbs eine Yachtversicherung bei einem niederländischen Versicherer bestand. Der Voreigner informierte am Tag des Verkaufs den Versicherer darüber. Der Versicherer teilte darauf mit, dass die Versicherung mit dem Verkauf aufgehoben sei.

Zwei Tage nach dem Kauf der Yacht kam es zu einem Totalverlust durch Brand. Der Versicherer lehnte unter Verweis auf seine Bedingungen die Regulierung ab, weil zum Schadenszeitpunkt kein Vertrag mehr bestanden habe.

Der Eigner wandte ein, dass auf den Versicherungsvertrag deutsches Recht anzuwenden sei. Danach geht der für den Verkäufer bestehende Versicherungsvertrag auf den Käufer über. Von dieser Regelung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) darf nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Schließlich machte der Eigner seine Forderung vor dem Landgericht Berlin rechtshängig, wobei wir anhand der europarechtlichen Regelungen dazu auszuführen hatten, warum die Sache in Deutschland und nach deutschem Recht zu verhandeln ist.

Mit den Anträgen begehrte der Kläger nicht nur den Ersatz des Schadens am Schiff, sondern auch die Sachverständigenkosten und die Kosten, die ihm für die Bergung und Entsorgung der Yacht entstanden waren. Denn obgleich diese Kosten nach den Versicherungsbedingungen nicht zu erstatten waren, gilt auch hier das VVG. Danach sind Rettungs- und Schadensminderungskosten zu ersetzen. Die Sachverständigenkosten sind als vom Versicherer ersparte Aufwendungen nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen.

Das Landgericht sah das (nach anwaltlicher Stellungnahme auf einen vorläufigen gerichtlichen Hinweis) auch so und verurteilte den niederländischen Versicherer zur Leistung. Lediglich bei der Höhe der Entschädigung musste der Kläger leichte Abstriche machen, die das Gericht nachvollziehbar begründete.

Das Gericht hatte (neben seiner internationalen Zuständigkeit) zunächst die Frage des anzuwendenden Rechts zu klären:

"Soweit in den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (...) niederländisches Recht angegeben worden ist, stellt dies keine wirksame Rechtswahl (...) dar. Weder war in den Niederlanden zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags das Risiko des Schadensfalls belegen, noch hatte [der Versicherungsnehmer] in den Niederlanden seinen gewählten Aufenthalt.  Er wohnte in Deutschland und nutzte das Boot ausschließlich im deutschen Binnenrevier. Insofern bestimmt sich das Rechtsverhältnis gemäß Art. 7 Abs. 3 S. 2 der VO (EG) Nr. 593/2008 nach deutschem Recht."

Zu der danach streitentscheidenden Frage, ob oder ob nicht der Versicherungsvertrag zum Schadenszeitpunkt noch bestand, führte das Gericht aus:

"Mit der Übertragung des Eigentums an dem Boot (...) an den Kläger trat dieser (...) gemäß § 95 Abs. 1 VVG in die Rechte und Pflichten des bestehenden Versicherungsvertrags (...) ein. (...) Da hiervon zum Nachteil des Versicherungsnehmers nicht abgewichen werden darf, stellt sich die Regelung (...) der Versicherungsbedingungen, welche eine automatische Beendigung des Vertrags bei einem Eigentumsübergang vorsieht, als unzulässig dar."

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

30.07.2020, A. Kujawa