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Rücktritt vom Kauf eines gestohlenen Boots


Landgericht Neuruppin zum Rücktritt vom Kauf eines gestohlenen Boots bei anderweitigem Erwerb des selben Boots zu einem günstigeren Preis

Mit Urteil vom 26.06.2015 - 3a O 233/14  hatte sich das Landgericht Neuruppin mit einer außergewöhnlichen Fallkonstellation zu befassen:

Ein Sportboot Bayliner war im Jahr 2009 gestohlen worden. Im April 2011 erwarb ein gewerblicher Händler das Boot für 10.750,- €, ohne von dem Diebstahl zu wissen.

Im Mai 2011 verkaufte der Händler das Boot für 14.000,- €.

Im Mai 2014 wurde das Boot beim Käufer von der Polizei beschlagnahmt und an den Versicherer ausgehändigt, der den ursprünglichen Eigentümer (das Diebstahlopfer) entschädigt hatte und selbst Eigentümer geworden war.

Im Juni 2014 erwarb der nun durch uns vertretene Käufer das Boot noch einmal für 8.500,- € von dem Versicherer und forderte den 2011 bezahlten Kaufpreis in Höhe von 14.000,- € vom Händler zurück.

Zu Recht, wie das Landgericht feststellte. Denn dem Händler sei es

"unmöglich, dem Kläger (Käufer) das Eigentum an dem Boot zu übertragen. Da es abhandengekommen ist, scheidet ein gutgläubiger Erwerb aus, § 935 BGB. Weder der Beklagte (Händler) selbst noch der Kläger  konnten also Eigentum an dem Fahrzeug erwerben. Es ist auch ein Fall der Unmöglichkeit gegeben. Der Beklagte hat nämlich nicht dargetan, dass er bereit und imstande ist, dem (...) Kläger den Leistungsgegenstand (das Boot) zu verschaffen. Der Kläger ist dementsprechend berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Ihm steht folglich ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 14.000,00 € zu. Das Boot hat er nicht zurückzugeben, Wertersatz ist gleichfalls nicht zu leisten. Insofern kann nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass er das Boot von der (...) Versicherung erneut erworben hat. Dabei handelt es sich um einen neuen selbständigen Vertrag. (...) Eine Wertersatzverpflichtung gemäß § 346 BGB scheidet vor diesem Hintergrund aus (...)."

Das Gericht hat  den recht komplexen  Fall mit einer einfachen und insoweit auch richtigen Subsumption entschieden. Ob das Verhalten des Käufers mit den Grundsätzen von Treu und Glauben vereinbar und ob die Rückforderung des Kaufpreises in voller Höhe möglicherweise rechtsmissbräuchlich war, wurde nicht erörtert.

Das für den Käufer klageweise erreichte Ergebnis ist aus anwaltlicher Sicht natürlich erfreulich; sehr gerecht erscheint es bei objektiver Betrachtung allerdings nicht. Denn dass der Käufer unwissentlich ein gestohlenes Boot gekauft hat, stellte sich im Nachhinein für ihn als Glücksfall heraus. Der Händler, den selbst auch kein Verschulden traf,  hat hingegen 14.000,- € verloren. Hätte er das Boot selbst vom Versicherer zurückkaufen können, hätte sich der Verlust des Händlers auf nur 8.500,- € belaufen, ohne dass dem Käufer irgendein Schaden entstanden wäre. Der Vorteil des Käufers in Höhe von 5.500,- € geht also in voller Höhe zu Lasten des Händlers.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

23.03.2021, A. Kujawa