Brandenburgisches Oberlandesgericht: Bietet der Verkäufer eines Sportboots nur an, mögliche Gewährleistungsansprüche bei der Werft geltend zu machen, hat er die Nacherfüllung nicht verweigert.
Wollen Käufer eines Sportboots Mängel selbst beheben lassen, können sie die Kosten dafür nur unter sehr engen Voraussetzungen beim Verkäufer geltend machen. Insbesondere muss dem Verkäufer zuvor in der Regel Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden. Das gilt nicht, wenn der Verkäufer die Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert hat.
In einem vom Landgericht Neuruppin zu entscheidenden Rechtsstreit (5 O 303/17) hatte der Käufer eines neuen Segelboots französischen Fabrikats den gewerblichen Verkäufer bereits vor Übergabe auf diverse Mängel hingewiesen. Bei Auslieferung des Boots am mehrere hundert Kilometer vom Verkäufer entfernten Liegeplatz des Käufers bestanden die Mängel zum Teil noch. Weitere Mängel wurden in der Folgezeit festgestellt.
Der Käufer forderte den Verkäufer deshalb unter Fristsetzung zur Nacherfüllung, namentlich zur Mängelbeseitigung, auf.
Der Verkäufer verlangte daraufhin, dass entweder der Käufer auf eigene Kosten ein Sachverständigengutachen einhole oder das Boot zum Verkäufer gebracht werde. Der Verkäufer werde dann versuchen, die Gewährleistungansprüche bei der Werft in Frankreich geltend zu machen. Diese Vorgehen stellte der Verkäufer ausdrücklich als die einzig verbleibenden Optionen dar. Lediglich für die selbst ausgeführten Arbeiten wollte der Verkäufer gerade stehen.
Nach Fristablauf ließ der Käufer das Segelboot instandsetzen. Danach machte der nun durch uns vertretene Käufer die Instandsetzungskosten klageweise geltend.
Nachdem ein im Gütetermin geschlossener Vergleich widerrufen wurde, wies das Landgericht Neuruppin die Klage mit Urteil vom 13.06.2019 ab. Denn der Kläger habe das Boot am Ort des Verkäufers zur Nacherfüllung anbieten müssen. Dabei spiele weder eine Rolle, dass es sich bei dem Boot um ein schwer zu transportierendes Fahrzeug handele, noch dass vereinbarungsgemäß das Boot vom Verkäufer an den Liegeplatz des Käufers geliefert worden war. In dem Verhalten des Verkäufers sei auch keine ernsthafte und endgültige Nacherfüllungsvereinbarung zu sehen.
Die vom Kläger gegen das Urteil eingelegte Berufung blieb erfolglos. Mit Beschluss vom 14.04.2020 - 6 U 110/19 - wies der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen OLG die Berufung zurück.
Der Senat erläuterte hierbei nachvollziehbar (und zur keineswegs abschließend geklärten Frage des Erfüllungsorts der Nacherfüllung bei Wasserfahrzeugen sehr umfassend und lesenswert), warum er das Nacherfüllungsbegehren nicht für ausreichend hält.
Hinsichtlich der Nacherfüllungsverweigerung des Verkäufers führte der Senat aus:
"Mit Schreiben vom (...) stellt die Beklagte zunächst klar, sich einer Mängelbeseitigung nicht zu verweigern ('Wie bereits geschildert, stehen wir für die von uns ausgeführten Arbeiten gerade.') und bietet dem Kläger optional zwei Vorgehensweisen an, wobei sie unter anderem vorschlägt, ihr das Boot zu überstellen, so dass sie unter Einbindung eines Sachverständigen versuchen könne, die möglichen Gewährleistungsanprüche gegenüber dem Lieferanten geltend zu machen und 'zu beheben bzw. beheben zu lassen'. Eine endgültige Verweigerung ist darin nicht zu erblicken, maßgeblich ist dabei der objektive Empfängerhorizont des Adressaten."
Im Klartext heißt das: Wenn der Verkäufer einer Yacht ausdrücklich und endgültig erklärt, nur für seine selbst ausgeführten Arbeiten haften zu wollen und im Übrigen nur bereit ist, Ansprüche gegen Dritte "geltend zu machen", soll der (objektivierte) Käufer das nicht als Nacherfüllungsverweigerung betreffend die werftseitig vorhandenen Mängel am Schiff verstehen dürfen.
Der Käufer muss sich dann auf die Wünsche des Verkäufers einlassen, obwohl er selbst (von etwaigen Herstellergarantien einmal abgesehen) gegen die Werft gar keine Ansprüche hat, die der Verkäufer für ihn geltend machen könnte. In der Praxis dürfte das sehr unschöne und wenig wünschenswerte Auswirkungen haben, zumal schon jetzt verkäuferseitig häufig (unberechtigt) auf die Werften verwiesen wird.
Die Revisionsbeschwer war in der Sache nicht erreicht, so dass der Zurückweisungsbeschluss hingenommen werden musste. Das Urteil des Landgerichts Neuruppin ist damit rechtskräftig.
29.07.2020, A. Kujawa