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Beweisfragen bei Charterschaden


Landgericht Berlin zum Beweis eines während der Charter am Charterboot entstandenen Schadens

Mit Urteil vom 07.03.2019 - 122 C 127/18 - wies das Amtsgericht Mitte (Berlin) die Klage eines Bootseigners ab, weil er behauptete Schäden an seinem Segelboot während der Vercharterung nicht habe beweisen können.

Der von uns vertretene Eigner hatte bei Rücknahme des beschädigten Boots ein Übergabeprotokoll erstellt, aus dem sich Beschädigungen an Fockroller und am Vorsegel ergaben. Der Charterer hatte dieses Protokoll auch unterschrieben.

Bei Übergabe des Boots an den Charterer zu Beginn des Charterzeitraums war allerdings kein Protokoll erstellt worden. Wir hatten deshalb bereits mit der Klageschrift zum Beweis der Schadensfreiheit bei Übergabe Beweis angeboten durch Einvernahme bzw. Anhörung des Klägers. Weitere Beweismittel standen nicht zur Verfügung. 

Das Amtsgericht ging dem aber nicht nach und wies die Klage ab, ohne den Kläger anzuhören. Der Kläger sei beweisschuldig geblieben.

Der Eigner legte gegen das Urteil Berufung ein, im Wesentlichen mit der Begründung, das Amtsgericht hätte ihn nach pflichtgemäßem Ermessen zwingend anhören müssen. Denn - so unsere durch die Rechtsprechung des BGH und EuGH gestützte Argumentation - besteht neben der klägerischen Beweisnot eine gewisse Wahrscheinlichkeit für dessen Behauptungen, so gebieten die Ansprüche auf rechtliches Gehör, auf ein faires Verfahren sowie auf die Herstellung von Waffengleichheit und Gewährleistung effektiven Rechtschutzes die Einvernahme oder Anhörung.

Eine solche Anfangswahrscheinlichkeit war hier gegeben :

Der Charterer hatte vorprozessual selbst eine Havarie eingeräumt, mit widersprüchlichen Angaben.

Der Charterer hatte auch Fehlverhalten eingeräumt. Unter anderem hatte sich beim Starten des Motors eine Schot im Propeller verfangen (war also offenbar nicht klariert worden).

Das Schadensbild passte zu dem vorgetragenen Geschehen und war plausibel. Die Angaben des Charterers waren es nicht: Der Charterer behauptete im Prozess, der Fockroller sei schon bei Auslaufen defekt gewesen. Den Riss in der Achterliek der Fock habe der Eigner nach Rückgabe selbst absichtlich verursacht (obgleich der Schaden im Rückgabeprotokoll aufgeführt war).

Damit lagen Indizien vor, die für die Angaben des Eigners sprachen. Einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit bedarf es nicht.

Das Landgericht Berlin sprach der Berufung durch Hinweisbeschluss dennoch die Erfolgsaussicht ab. Trotz weitergehender Einlassungen des Klägers wies das Landgericht die Berufung mit Beschluss  vom 26.08.2019 - Az. 90a S 2/19 schließlich zurück. Zur Begründung führte die Kammer u.a. aus:

"Das Amtsgericht hat (...) ausführlich ausgeführt, warum es von einem Schaden am Fockroller zum Zeitpunkt der Übergabe des Bootes sowie einer Pflichtverletzung des Beklagten bezüglich der Beschädigung der Fock nicht überzeugt ist. Da das Gericht damit zu einer eindeutigen Überzeugung gekommen ist, stellte sich die Frage einer Parteivernehmung (...) nicht mehr ."

Die klägerische Gehörsrüge, mit der noch einmal darauf hingewiesen wurde, dass das Amtsgericht sich mangels Anhörung des Klägers eine Überzeugung überhaupt nicht hätte bilden können und dürfen, wurde zurückgewiesen. Auf Verfassungsbeschwerde hat der Kläger mangels Rechtsschutzdeckung verzichtet.

Davon abgesehen, dass es sich bei der Beurteilung der prozessualen Fragen durch die Berufungskammer nach Überzeugung des Autors um eine Fehlentscheidung der drastischeren Art handelt, zeigt der Fall einmal mehr, dass Vercharterer (wie auch Charterer) den Zustand der Boote sowohl bei Übernahme als auch bei Rückgabe möglichst gründlich dokumentieren sollten, so lästig das auch sein mag.

 

06.06.2020, A. Kujawa