Yachtrecht - Fahrlässigkeit bei Untergang einer im Hafen liegenden Motoryacht wegen Wassereintritts

Lässt der Eigner einer Motoryacht sein Fahrzeug längere Zeit ohne Überwachung mit offenen Seeventilen liegen, kann hierin ein grob fahrlässiges Verhalten liegen. So das Schifffahrtsobergericht Karlsruhe in einer Entscheidung vom Juni 2001 (U 8/00 BSch).

In der Sache ging es um eine Motoryacht, die im Jahr 1997 zu einem Kaufpreis von 162.500 DM gebraucht erworben worden war. Im Oktober 1998 sank das Boot auf den Grund der Marina des Hafens Patras und musste in der Folge unter Einsatz eines Schwimmkrans gehoben werden. Der Eigner begehrte nunmehr die gerichtliche Feststellung, dass sein Wassersportversicherer für die Schäden einzustehen hat und machte die Bergungskosten und die an dem Schiff entstandenen Schäden mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 38.895,70 DM geltend.

Die beklagte Versicherung wandte unter anderem ein, der Kläger habe gegen eine ihm obliegende Kardinalspflicht verstoßen, indem er die Motoryacht mit einer Leckage von etwa 3 cm  Durchmesser unmittelbar über der Wasserlinie unbemannt im Hafen von Patras zurückgelassen habe.

Das Gericht sah dies anders und erkannte jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit des Eigners. Es führte hierzu aus:

"Der Kläger handelte als Schiffsführer und Schiffseigner fahrlässig, als er vor Verlassen des Schiffes nicht eine vollständige Überprüfung der Dichtigkeit des Bootes vornahm und dem lose in der Bilge liegenden Schlauch nicht die notwendige Aufmerksamkeit widmete. Das Gericht erachtet diese Fahrlässigkeit jedoch nicht als grob im Sinne der oben dargestellten, in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte formulierten Anforderungen. Es wurde die erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich großem Maße verletzt und es blieb nicht auch dasjenige unbeachtet, was im betreffenden Fall jedem hätte einleuchten müssen. Eine Verletzung von Sorgfaltspflichten, die das gewöhnliche Maß erheblich übersteigt, liegt nicht vor. Die Schadenswahrscheinlichkeit war nicht so offenkundig groß, dass es ohne weiteres nahe lag, zur Vermeidung des Versicherungsfalls ein anderes Verhalten als das tatsächlich Geübte in Betracht zu ziehen. Dabei entlastet den Kläger unter anderem - wenn auch nur geringfügig -, dass der sachverständige Zeuge R., der die Untersuchungsarbeiten an Bord zwar nicht selbst ausführte, sondern durch Rechtsanwalt G. und den Kläger durchführen ließ, selbst nicht etwa nach Abschluss der Arbeiten auf die Gefahr hinwies, zu der der nicht ordnungsgemäß montierte Schlauch führen konnte.

Dem Kläger kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, das stillgelegte Schiff nicht überwacht zu haben. Auch wenn er nicht die teurere und sicherlich gründlichere Überwachung durch den Zeugen V. veranlasste, sondern lediglich eine solche durch den Hafenbediensteten A., kann dies nicht als grob fahrlässiges Verhalten bewertet werden, das für das Sinken des Bodens ursächlich geworden wäre. Etwa drei Monate nach der Begutachtung vom Juni 1998 kam der Kläger nochmals in Begleitung seiner Ehefrau zur Motoryacht. Bei dieser Besichtigung haben der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin R., nach deren Bekunden alles noch so vorgefunden wie sie es am 08. und 09.06.1998 verlassen hatten. Bei dieser Gelegenheit hatten sie nochmals den Hafenbediensteten A. beauftragt, regelmäßig an Bord zu gehen, die Batterien zu überprüfen und den Generator laufen zu lassen, um die Sicherheit des Schiffes zu gewährleisten. Anhaltspunkte für eine Undichtigkeit des Schiffs im Hinblick auf den am Boden der Bilge liegenden Schlauch ergaben sich zu diesem Zeitpunkt nicht. Jedenfalls einige der Lenzpumpen waren funktionstüchtig. Da bis zu diesem Zeitpunkt kein Wasser eingetreten war, ergaben sich keine dem Kläger sich aufdrängenden Anhaltspunkte für eine höhere Gefahr des Wassereintritts und damit zu weiterer Schadensvorsorge. Die Seeventile waren geschlossen, die Stopfbuchsen durchgesetzt. Ein den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigender Verstoß gegen 'Kardinalspflichten' eines Motorbooteigners liegt danach nicht vor."

Im Ergebnis wurde zwar der Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresse abgewiesen, dem klagenden Eigner der begehrte Schadensersatz aber in voller Höhe zugesprochen.

Autor Axel Kujawa
am 04.04.2011

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